Was gilt, wenn der Kostenvoranschlag teurer wird als geplant?
Ein Kostenvoranschlag gibt Kundinnen und Kunden erste Orientierung über den Preis eines Projekts. Doch was passiert, wenn die tatsächlichen Kosten höher ausfallen? Selbständige stehen dann schnell vor rechtlichen und finanziellen Fragen. Hier erfahren Sie, wann Abweichungen erlaubt sind, welche Pflichten Sie bei Preisüberschreitungen haben und wie Sie Konflikte von Anfang an vermeiden.
Artikelübersicht:
Was unterscheidet einen Kostenvoranschlag von einem Angebot?
Was muss ein Kostenvoranschlag enthalten?
Wann ist ein Kostenvoranschlag verbindlich?
Wie stark darf der Endpreis vom Kostenvoranschlag abweichen?
Wie schützt eine Berufshaftpflicht vor Risiken bei Kostenvoranschlägen?
Wie vermeiden Sie Streit und Kostenfallen beim Kostenvoranschlag?
Was unterscheidet einen Kostenvoranschlag von einem Angebot?
Ein Kostenvoranschlag unterscheidet sich rechtlich von einem Angebot. Es handelt sich um eine unverbindliche Schätzung der voraussichtlichen Kosten. Er soll der Auftraggeberin oder dem Auftraggeber helfen, den Aufwand eines Projekts einzuschätzen. Ein Angebot dagegen ist verbindlich: Wird es angenommen, entsteht ein Vertrag mit festgelegtem Preis.
| Kostenvoranschlag | Angebot | |
|---|---|---|
| Verbindlichkeit | Unverbindliche Einschätzung | Verbindlich nach Annahme |
| Preisänderungen | Möglich, wenn die Kosten steigen (Information an die Kundschaft) | Keine Preisänderung ohne neue Vereinbarung |
| Ziel | Orientierung für Kundinnen und Kunden | Abschluss eines Vertrags |
| Rechtsgrundlage |
Paragraf 1170 a und b ABGB |
Paragraf 1170 ABGB |
Formulieren Sie in Ihren Unterlagen immer eindeutig, ob es sich um ein Angebot oder einen Kostenvoranschlag handelt. So vermeiden Sie Missverständnisse und spätere Diskussionen über den Preis.
Was muss ein Kostenvoranschlag enthalten?
Ein Kostenvoranschlag ist nur hilfreich, wenn er alle wesentlichen Informationen klar und nachvollziehbar enthält. Zwar gibt es keine gesetzliche Pflicht zur bestimmten Form oder zu festen Inhalten, doch einige Punkte sollten immer enthalten sein, um Missverständnisse zu vermeiden:
- Leistungsbeschreibung: Welche Arbeiten oder Dienstleistungen sind geplant?
- Material- und Arbeitskosten: Einzelpositionen mit Mengenangaben und Stundensätzen.
- Gesamtkosten (netto und brutto): Transparente Aufstellung inklusive Hinweis auf Umsatzsteuer.
- Zeitplan oder voraussichtliche Dauer: Wann kann der Auftrag ausgeführt werden?
- Gültigkeitsdauer: Bis wann gilt der Kostenvoranschlag?
- Hinweis auf Unverbindlichkeit: zum Beispiel „Preisangaben sind unverbindlich, Änderungen vorbehalten“.
- Datum und Unterschrift: insbesondere bei handwerklichen Leistungen empfehlenswert.
Formulieren Sie den Hinweis auf die Unverbindlichkeit sichtbar, zum Beispiel direkt unter der Gesamtsumme. So ist für Auftraggeber klar, dass es sich um eine Schätzung handelt, und Sie vermeiden Diskussionen, wenn sich während des Projekts die Kosten ändern.
Worauf es bei einem Angebotsschreiben ankommt, lesen Sie im Artikel Angebot richtig schreiben – so überzeugen Sie potenzielle Kundschaft.
Wann ist ein Kostenvoranschlag verbindlich?
Ein Kostenvoranschlag ist grundsätzlich unverbindlich. Es handelt sich um eine Schätzung der voraussichtlichen Kosten und verpflichtet Sie nicht automatisch, die Arbeit genau zu diesem Preis auszuführen. Doch das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) kennt sowohl verbindliche als auch unverbindliche Kostenvoranschläge (§ 1170a ABGB).
1. Verbindlich durch ausdrückliche Vereinbarung
Wird im Vertrag oder in der Kommunikation ausdrücklich festgehalten, dass der Kostenvoranschlag „verbindlich“ ist oder „nicht überschritten werden darf“, gilt er rechtlich als Fixpreis. In diesem Fall dürfen Sie den angegebenen Betrag grundsätzlich nicht überschreiten. Mehrkosten können zu Schadenersatzforderungen führen, wenn die Auftraggeberin oder der Auftraggeber dadurch einen finanziellen Nachteil erleidet.
2. Verbindlich nur ausnahmsweise durch Auslegung
Ohne klare Formulierung gilt ein Kostenvoranschlag im Regelfall als unverbindlich. Nur in besonderen Einzelfällen kann er als verbindlich ausgelegt werden. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn…
…der Preis sehr präzise und detailliert kalkuliert ist,
…der Auftraggeber nach den Umständen davon ausgehen durfte, dass der Preis fix ist, oder
…Sie mehrfach ausdrücklich zugesichert haben, dass „keine Mehrkosten entstehen“.
In solchen Konstellationen kann ein Gericht zu dem Schluss kommen, dass in Wahrheit ein verbindliches Angebot vorliegt.
3. Wann bleibt ein Kostenvoranschlag unverbindlich?
Fehlt eine eindeutige Vereinbarung, bleibt der Kostenvoranschlag unverbindlich. Sie dürfen den Preis erhöhen, wenn sich die Kalkulation ändert – etwa durch höhere Materialpreise, gestiegene Löhne, zusätzliche Arbeiten oder unvorhergesehene Umstände.
Wichtig: Zeichnet sich eine wesentliche Überschreitung ab, sind Sie verpflichtet, Ihre Kundschaft unverzüglich zu informieren. Unterbleibt diese Verständigung, riskieren Sie nicht nur Ärger, sondern auch die Kürzung Ihres Honorars oder Schadenersatzansprüche.
Wie stark darf der Endpreis vom Kostenvoranschlag abweichen?
Der endgültige Preis eines Kostenvoranschlags darf nicht beliebig abweichen. Preisabweichungen von rund 10–15 % gelten als zumutbar, sofern der Kostenvoranschlag unverbindlich war. Wie hoch die Toleranz im Einzelfall ist, hängt von der Art des Auftrags, der Kalkulationsgrundlage und den Umständen während der Ausführung ab.
Was tun sie, wenn der Endpreis stark abweicht?
Übersteigt der endgültige Preis den Kostenvoranschlag um ein Vielfaches, müssen Sie unverzüglich handeln:
1. Behalten Sie während des Projekts den Überblick über Zeit, Material und Zusatzaufwand. Je früher Sie merken, dass die Kalkulation wackelt, desto besser können Sie reagieren.
2. Informieren Sie Ihre Kundschaft, sobald sich abzeichnet, dass Sie den Preis nicht halten können. Halten Sie jede Mitteilung zur Preisänderung schriftlich fest. Das funktioniert zum Beispiel per E-Mail mit kurzer Begründung und neuer Kalkulationsübersicht. So können Sie später nachweisen, dass Sie Ihrer Informationspflicht nachgekommen sind.
3. Bitten Sie Auftraggeberin oder Auftraggeber, die geänderte Kalkulation zu bestätigen. Lehnen sie ab, kann der Vertrag gekündigt werden. Sie behalten aber Anspruch auf Vergütung der bisher erbrachten Leistung.
4. Selbst wenn Ihr Gegenüber verärgert reagiert: Bleiben Sie ruhig, erklären Sie die Situation sachlich und verweisen Sie auf die ursprüngliche Unverbindlichkeit des Kostenvoranschlags.
Unterlassen Sie diese Mitteilung, kann Ihre Auftraggeberin oder Ihr Auftraggeber den Vertrag kündigen oder Schadenersatz geltend machen, wenn durch die Preisüberschreitung ein finanzieller Nachteil entsteht. Eine klare Kommunikation schützt zudem vor Missverständnissen und sorgt für ein vertrauensvolles Vertragsverhältnis.

Wann ist eine Preisabweichung zulässig?
Eine Überschreitung kann gerechtfertigt sein, wenn…
…sich Material- oder Beschaffungspreise unerwartet erhöhen,
…zusätzliche Arbeiten beauftragt oder Leistungsänderungen notwendig werden
…oder unvorhersehbare Umstände eintreten, die bei Erstellung des Kostenvoranschlags nicht bekannt waren.
Wie schützt eine Berufshaftpflicht vor Risiken bei Kostenvoranschlägen?
Manchmal läuft ein Projekt anders als geplant. Eine zu hohe Preisüberschreitung und Missverständnisse über die Kalkulationsbasis können schnell teuer werden – etwa wenn Ihre Kundschaft dadurch einen finanziellen Schaden erleidet.
Hier schützt eine Berufshaftpflichtversicherung über exali zuverlässig vor den finanziellen Folgen. Kommt es wegen einer Kostenüberschreitung oder falschen Beratung zu Schadenersatzforderungen prüft der Versicherer zunächst, ob die Forderung überhaupt berechtigt ist:
- Berechtigte Ansprüche werden übernommen, etwa für entstandene finanzielle Schäden.
- Unberechtigte Ansprüche werden auf Kosten des Versicherers abgewehrt (sogenannter passiver Rechtsschutz).
Wie vermeiden Sie Streit und Kostenfallen beim Kostenvoranschlag?
Ein Kostenvoranschlag schafft Vertrauen. Das funktioniert aber nur, wenn Sie ihn realistisch kalkulieren und offen kommunizieren, sobald sich Änderungen abzeichnen. Behalten Sie Ihre Projekte genau im Blick, informieren Sie Ihre Kundschaft frühzeitig und dokumentieren Sie jede Abweichung schriftlich. So vermeiden Sie Konflikte und rechtliche Risiken.
Vivien Gebhardt ist Onlineredakteurin bei exali. Hier erstellt sie Content zu Themen, die Selbständigen, Freiberuflern und Unternehmern unter den Nägeln brennen. Ihre Spezialgebiete sind Risiken im E-Commerce, Rechtsthemen und Schadenfälle, die bei exali versicherten Freelancern passiert sind.



